Netzstörungen

Vorab: Bewusst wird hier die emotionale Seite ausgelassen. Wer also Gefallen an schön aussehenden Geräten und Kabeln hat und dafür gerne auch tief in die Tasche greift, bitteschön!

Nach dieser Klarstellung ist der Weg frei für technische Argumentation. Die allermeisten HiFi-Geräte sind auf Netzstrom angewiesen und es ist zunächst einmal einleuchtend, dass die Qualität des Netzstroms auch auf die Qualität des wiedergegebenen Audiosignals Einfluss haben könnte. Auf dieser Grundannahme fußt eine Zubehörindustrie, die mit Hilfe von speziellen Netzkabeln, Netzleisten, Netzfiltern, audiophilen Sicherungen etc. dafür sorgen will, dass die Audiokomponenten mit Netzstrom optimaler Qualität versorgt werden. Die dafür verlangten Preise können die Preise für eine HiFi-Komponente in den Schatten stellen und man fragt sich, ob das denn in irgendeiner vernünftigen Relation zum Gewinn steht.

Meine Antwort darauf ist: Nein, mit wenigen Ausnahmen ist der Gewinn den Aufwand nicht wert. Die Hersteller und Verkäufer übertreiben nicht selten in ihren Beschreibungen die Wirkungen krass, und verallgemeinern in unzulässiger Weise.

Hier die Begründung:

Der Netzstrom besteht in unseren Breiten aus einem Wechselstrom mit 50Hz Frequenz und einer Spannung von 230V. Kein HiFi-Gerät benutzt diese Versorgung direkt. Intern wird für die Funktion Gleichstrom mit (fast immer) niedrigerer Spannung gebraucht. Oft wird mehr als eine interne Spannung benötigt, so arbeiten digitale Schaltkreise meist mit 5V oder 3,3V, während für Analogschaltkreise nicht selten zwei Spannungen von +15V und -15V gebraucht werden. Endstufen brauchen noch höhere Spannungen. Es ist die Aufgabe des Netzteils im Gerät, diese Gleichspannungen aus dem Netzstrom zu erzeugen.

Es gibt zwei grundsätzliche Arten von Netzteilen: Das Schaltnetzteil und das konventionelle Netzteil. Der Name suggeriert schon dass das konventionelle Netzteil die ältere und immer noch weiter verbreitete Variante ist. Ihr auffälligstes Merkmal ist der Netztrafo, der insbesondere bei Endstufen imposante Dimensionen annehmen kann. Schaltnetzteile haben ebenfalls einen Trafo, bloß ist der erheblich kleiner und leichter, weil eine Art Zerhacker den Netzstrom mit einer wesentlich höheren Frequenz als 50Hz zerhackt. Je höher die Frequenz ist, desto kleiner kann ein Trafo mit einer bestimmten Leistung sein. Ein Schaltnetzteil ist wegen des zusätzlichen Zerhackers zwar komplizierter als ein konventionelles Netzteil, aber es kann wegen der eingesparten Trafogröße trotzdem günstiger sein. Da die benötigten Bauelemente immer billiger werden, wird das Schaltnetzteil auch im HiFi-Bereich immer populärer. Bei Computern hat es das konventionelle Netzteil schon fast völlig verdrängt.

Nun ist das Netzteil selbst ja nicht direkt an der Verarbeitung des Audiosignals beteiligt. Das sind andere Schaltkreise und die beziehen lediglich ihre dafür benötigte Energie vom Netzteil. Wenn man auch in dieser Energieversorgung idealerweise keine Störungen haben will, so landet doch nicht automatisch jede Störung in der Stromversorgung auch im Audiosignal.

Ein vernünftig konstruierter analoger Verstärker hat beispielsweise auch eine geringe Empfindlichkeit gegenüber Schwankungen der Versorgungsspannung. Bei Endstufen ist die regelmäßig so gut, dass man auf eine separate Stabilisierung im Netzteil verzichten kann. Bei digitalen Schaltkreisen sind Störungen auf der Spannungsversorgung normalerweise komplett ohne Konsequenz, solange sie ein in den Datenblättern angegebenes Maximum nicht überschreiten. Wenn man das dennoch überschreitet sind in der Regel Fehlfunktionen die Folge, die krassere Auswirkungen haben, als die bloße Beeinträchtigung der Audioqualität.

Im Prinzip sollten also Störungen im Netzstrom keine Konsequenzen haben, solange sie im Rahmen bleiben und man kann nicht von einer direkten Beziehung zwischen der Qualität des Netzstroms und der Audioqualität ausgehen – im Gegensatz zu dem was Zubehörhersteller gern suggerieren. Das heißt aber nicht, dass es solche Beeinflussungen in keinem Fall geben kann. In der Tat gibt es viele Möglichkeiten, wie eine Störung auf dem Netzstrom Einfluss auf die Audioqualität nehmen kann, aber wegen dieser vielen Möglichkeiten fällt es schwer, generelle Aussagen zu treffen. Bei der Konstruktion der Geräte werden viele dieser Möglichkeiten berücksichtigt und ausgeschlossen und ein gut konstruiertes Gerät sollte unempfindlich gegenüber den im Normalfall zu erwartenden Störungen sein, sodass zusätzliche Maßnahmen nichts ausrichten.

Für eine genauere Betrachtung ist es nötig, die wichtigsten Störquellen und Beeinflussungsmechanismen auseinanderzunehmen, damit man beurteilen kann, ob Gegenmaßnahmen angeraten sind oder nicht.

Wir sind ja bloß an Störungen interessiert, wenn diese einen Einfluss auf die Qualität des Audiosignals haben, alle anderen Störungen können in unserem Zusammenhang getrost ignoriert werden. Es müssen also einige Umstände zusammentreffen:

  • Es muss eine Störquelle geben

  • Es muss einen Weg bzw. Mechanismus geben, wie die Störung in das Audiosignal gelangt

  • Die Störung muss so beschaffen sein, dass sie zu einer Beeinträchtigung der Audioqualität führt

 

Gegenmaßnahmen können also an allen drei Stellen angreifen, und wir müssen die verschiedenen Fälle getrennt betrachten.

Störquellen:

Manche Störquellen befinden sich außerhalb der Kontrolle des Besitzers der HiFi-Anlage. Dazu gehören z. B. Rundfunksender in der Nähe oder auch Industriebetriebe bzw. Geräte in der Nachbarschaft, die das Stromnetz verunreinigen. Solche Störquellen kann man in aller Regel nicht beseitigen (oder nicht legal beseitigen). Einige davon haben ihre Störungen schon außerhalb der eigenen Wohnung ins Stromnetz „eingespeist“, andere können auch auf den letzten Metern noch dazukommen (Rundfunksender). Manche Störquellen haben auch eine gewollte Funktion und können schon deswegen nicht beseitigt werden, z. B. das Rundsteuersignal im Stromnetz, das zum Umschalten zwischen Nacht- und Tagstrom benutzt wird.

Andere Störungen hingegen entstehen in der eigenen Wohnung und können durchaus abgestellt werden. Es ist wichtig dies zu erwähnen, da die Beseitigung des Störers oft die einfachste, billigste und wirkungsvollste Maßnahme ist. Mögliche Störer gibt es leider immer mehr, parallel mit der steigenden „Elektrifizierung“ des Haushalts. Manche Geräte betätigen sich als Störer, da sie schlicht defekt sind. Einige Beispiele für solche möglichen Störer sind: Licht-Dimmer, Elektromotoren in Haushaltsgeräten, elektronische Halogentrafos, Netzteile elektronischer Geräte (insbesondere Schaltnetzteile), Powerline-Modems (zur Verwendung des Stromnetzes als Computernetzwerk). Knackstörungen können auch von einfachen Schaltern kommen, besonders wenn induktive Lasten geschaltet werden.

Netzteile elektronischer Geräte als Störer? Ja, in der Tat und das heißt, dass sich unter Umständen HiFi-Geräte auch selbst oder gegenseitig stören können. Der Zerhacker eines Schaltnetzteils ist eine potenzielle Störquelle und die Gleichrichter in allen Arten von Netzteilen ebenso. Beide können – wenn sie nicht ausreichend entstört sind – Frequenzanteile von weit oberhalb von 50 Hz sowohl in das eigene Gerät, also in die Gleichstromversorgungen im eigenen Gerät, als auch solche Störungen ins versorgende Stromnetz abgeben. Weil das im Lauf der Zeit zu immer mehr Problemen geführt hat, gibt es inzwischen Vorschriften, die ein Gerätehersteller einhalten muss, damit er das Gerät verkaufen darf.

Ein Gerät, das sich selbst stört, ist natürlich in gewissem Sinn fehlkonstruiert und man kann als Käufer kaum etwas dagegen unternehmen, außer reklamieren. Bei einem Gerät, das andere stört, kann man nur einen Vorwurf daraus stricken, wenn die erlaubten Grenzwerte überschritten werden, es also u. U. das CE-Zeichen zu Unrecht trägt. Falls es die Grenzwerte einhält, muss man eher vom gestörten Gerät eine höhere Immunität fordern. Das bringt uns zum zweiten Punkt:

Störweg bzw. Störmechanismus:

Störquellen sind unbedeutend, wenn sie es nicht schaffen, das Audiosignal zu beeinträchtigen. Wenn man eine Störquelle nicht abschaffen kann, dann kann man versuchen, die HiFi-Anlage dagegen immun zu machen. Für die Immunität gibt es im Zusammenhang mit dem CE-Zeichen ebenfalls Vorschriften, bei deren Nichteinhaltung man ein Gerät nicht verkaufen darf.

Diese Vorschriften besagen, dass ein Gerät eine bestimmte Menge an vorhandenen Störungen verkraften muss, ohne zu versagen und dass es bei den ans Stromnetz abgegebenen Störungen ein bestimmtes Limit nicht überschreiten darf. Als Nebeneffekt kann man so ungefähr abschätzen, mit welchem Ausmaß an Störungen im Stromnetz man als Gerätehersteller rechnen muss und kann sein Gerät entsprechend auslegen. Eine geringfügige Beeinträchtigung der Audioqualität zählt noch nicht als Funktionsstörung, deswegen kann man nicht davon ausgehen, dass ein Gerät, das man kauft, völlig unempfindlich für Störungen ist, sondern nur, dass es deswegen nicht aufhört, korrekt zu funktionieren.

Es gibt zwei prinzipielle Wege, wie eine Störung in ein Gerät eindringen kann: Durch die Luft als elektromagnetische Welle oder über ein angeschlossenes Kabel. Wir interessieren uns hier speziell über den Weg über das Netzkabel, und da interessiert uns, auf welchem Weg im Gerät eine durch das Netzkabel hereinkommende Störung ins Audiosignal gelangen kann. Eine Betrachtung der typischen Netzteilschaltungen liegt nahe, dass dort durch ohnehin vorhandene Filterung und Siebung solche Störungen unterdrückt werden. Da Störungen durch den Gleichrichter ja auch schon intern erzeugt werden, ist es nötig, schon intern eine gewisse Filterung vorzusehen. Ein externer Filter wäre da schon am falschen Platz. Ein weiterer Weg wäre durch eine nicht optimale Masseführung denkbar, wodurch ein Störsignal am Filter vorbei ins Audiosignal gelangen könnte. Masseführungen werden in Audiogeräten aber normalerweise sehr sorgfältig gemacht.

Wenn ein Gerät ein Problem mit der Störimmunität hat, so müsste zunächst bekannt sein, welche Art von Störung das Problem verursacht, weil es kein Filter oder Zubehörgerät gibt, das gegen alle Störungsarten zugleich hilft. Wenn ein Gerät auf Gleichspannungsanteile im Netzstrom empfindlich ist, so ist eine ganz andere Art von Abhilfe nötig, als wenn eine Empfindlichkeit für Radiowellen besteht. Da nicht alle Störungen über das Netzkabel eingekoppelt werden, ist auch u. U. an ganz anderer Stelle anzugreifen.

Generell gilt, dass man die Geräte nicht über einen Kamm scheren kann, dass also jedes Gerät eine gewisse Immunität hat und man nicht davon ausgehen kann, dass Erfahrungen mit einem Gerät auf ein anderes übertragbar sind. Es wäre eine Aufgabe für die Tester von Produkten, festzustellen ob irgendwelche Immunitätsprobleme existieren, also ob das Gerät bei bestimmten Arten von Störungen mit verminderter Audioqualität reagiert. Daraus kann man dann ableiten, welche externen Maßnahmen ggf. nötig sind oder Erfolg versprechen.

Beeinträchtigung des Audiosignals:

Nicht jede Störung, die auf das Audiosignal einkoppelt, verursacht auch eine merkliche Beeinträchtigung der Audioqualität. Zum einen könnte der Einfluss einfach zu schwach sein, sodass er vielleicht messbar, aber nicht mehr hörbar ist. Zum Anderen könnte er sich in ohnehin unhörbaren Frequenzbereichen abspielen und die hörbaren Frequenzbereiche unbeeinflusst lassen. Ein unmoduliertes Rundfunk-Trägersignal hat z. B. oft keine hörbaren Konsequenzen, erst wenn eine Modulation dazukommt (ein ausgestrahltes Programm), wird dies hörbar. Powerline-Modems haben z. B. oft eine Modulation, die audiomäßig so wie Rauschen ist, sie verstärken dann also evtl. das Rauschen im Audiosignal ein wenig, aber erzeugen keine Klangverfärbungen.

Vorgehen beim Entstören von Anlagen:

Aus dem bisher Gesagten sollte klar sein, dass man mit pauschalen Aussagen und Maßnahmen wenig ausrichten kann. Da Geräte ihre individuellen Eigenschaften bzgl. Immunität und Störungserzeugung haben, kann man die Erfahrungen mit einem Gerät nicht auf ein anderes übertragen und da die vorhandenen Störungen nicht in jeder Wohnung dieselben sind, kann man sogar die Erfahrungen in einer Wohnung nicht unbedingt auf eine andere übertragen, selbst wenn die Anlage identisch sein sollte. Aussagen wie: „Netzkabel A klingt besser als Netzkabel B“ oder „Netzfilter X verbessert den Klang ihrer Anlage“ sind daher wertlos, weil sie zu pauschal sind. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ändert sich durch den Einsatz solchen speziellen Zubehörs überhaupt nichts, sei es weil das Zubehör überhaupt keinen nennenswerten Effekt hat, keine entsprechende Störung vorhanden ist, oder weil eine vorhandene Störung nicht zum Unterdrückungsmechanismus des Zubehörteils passt und daher auch nicht verringert wird. Angesichts der Vielfältigkeit des Problems und der gezielten Desinformation, die hier betrieben wird, ist ein Erfolg oftmals reiner Zufall.

Ein planmäßiges Vorgehen fängt damit an, dass man sich überlegt: „Habe ich überhaupt ein Problem?quot;?. Eine Anlage zu entstören, sodass sie auf der Höhe ihrer Möglichkeiten spielt, ist ein Detektivspiel. Zweifel am einwandfreien Zustand seiner Anlage hat wohl jeder schon einmal gehabt, aber als erstes sollte man vielleicht einzugrenzen versuchen, welche Anhaltspunkte für ein Störungsproblem es eigentlich gibt. Wer einen Mord aufklären will, sollte sich vielleicht zuerst vergewissern, ob es überhaupt eine Leiche gibt. Es gilt, die heißen von den falschen Spuren zu trennen, und die Fakten von den Täuschungen.

Hilfreiche Indizien bzw. Fragestellungen können zum Beispiel sein:

  • Spielt die Anlage zu verschiedenen Tageszeiten, oder Wochentagen, unterschiedlich gut? Kann man da ein Muster feststellen? Oder hat das Muster weniger mit der Anlage als damit zu tun, wie man gerade „drauf“? ist

  • Hängt der Klang irgendwie mit dem Betrieb anderer Geräte zusammen, also speziell: Gibt es ein bestimmtes Gerät, entweder in der Anlage selbst oder sonst wo im Haushalt, das den Klang verändert, wenn es in Betrieb ist?

  • Was geben die Lautsprecher von sich, wenn die Anlage in Betrieb ist, aber nichts abgespielt wird? Ist es Rauschen, Brummen, Surren oder kann man gar ganz leise ein Radioprogramm vernehmen? Neutrales gleichmäßiges Rauschen ist wahrscheinlich harmlos, falls nicht zu laut, aber etwas Anderes deutet auf eine Störquelle hin. Wenn sich die Lautstärke des Rauschens erhöht, sobald ein bestimmtes Gerät in der Umgebung eingeschaltet wird, ist das auch ein Indiz.

  • Produziert die Anlage ein Knacken oder Klicken, wenn unbeteiligte Geräte in der Umgebung ein- oder ausgeschaltet werden?

 

Wenn die obigen Fragen keine Indizien ergeben, dann gibt es sehr wahrscheinlich auch keine Leiche, soll heißen der Einsatz zusätzlicher Entstörmittel, wie geschirmter Netzkabel, Netzfilter o. Ä. wird sehr wahrscheinlich keine merkliche Wirkung haben und man kann sich die Investition getrost sparen.

Falls obige Fragen tatsächlich Indizien zutage gefördert haben, dann ist entweder schon klar, wo der Fehler sitzt oder man kann mit den gewonnenen Erkenntnissen einen Fachmann „belästigen“, der einem entweder weitere Ermittlungen empfehlen kann oder zu einem bestimmten Gegenmittel raten kann. An dieser Stelle kann es auch Sinn machen, sich probeweise ein paar verschiedene Filter zu besorgen und in der Anlage auszuprobieren.

In aller Regel ist die Behebung eines auf diese Weise eingegrenzten Problems einfach und verhältnismäßig billig. Aufwendige und teure Lösungen sind höchstens in krassen Fällen nötig und da wäre es oft besser, man würde die empfindlichen Komponenten einfach durch solche austauschen, die unempfindlich sind. Entgegen weitverbreiteter Ansicht ist es kein Qualitätsmerkmal für eine Audiokomponente, wenn sie besonders empfindlich auf Störungen reagiert, eher im Gegenteil. Die besonders sensible Diva ist ein Mythos, unempfindliche Diven können genauso schön singen. Der Hersteller eines Gerätes kann im Gerät bei der Konstruktion für Immunität für einen kleinen Bruchteil des Preises sorgen, den man als Endanwender für externe Filtermaßnahmen ausgeben müsste. Ein übermäßig empfindliches Gerät ist daher ein Zeichen für die Sorglosigkeit des Herstellers oder für seine Bereitschaft, Kompromisse zu machen.

Desinformation:

Wenn ich daher Vergleichstests von Entstörungs-Zubehör in der Fachpresse mitkriege, ganz zu schweigen von den Aussagen der Hersteller auf ihren Webseiten, dann fällt mir regelmäßig dabei einiges auf was mir nicht gefällt:

  • Die Tests finden oft an einer „Referenzanlage“ statt, mit der impliziten Annahme, sie würde die Unterschiede besonders gut „auflösen“. Wenn sie das tatsächlich tut, gilt das als Bestätigung für die Qualität der Anlage, für mich aber bedeutet es, dass die Anlage – bzw. ihre Komponenten – nicht ausreichend störungsimmun sind. Die ideale Referenzanlage wäre die, die schon ohne spezielles Zubehör sehr störungsimmun ist und damit wäre sie für den Test von Entstörungs-Zubehör ungeeignet.
  • Wenn eine getestete Entstörungs-Komponente besonders effektiv bei einer bestimmten Art von Störung wirkt, diese Art von Störung beim Test aber nicht aufgetreten ist oder nicht zu den Störungsarten gehört, für die die Anlage empfindlich ist, dann wird der Test fälschlicherweise ergeben, dass die Komponente wirkungslos ist.

  • Beim Test festgestellte klangliche Effekte werden oftmals direkt den getesteten Zubehörteilen zugeordnet, ungeachtet der Tatsache, dass der Effekt an einer anderen Anlage oder auch bei einer anderen Störungssituation völlig verschieden sein kann, einschließlich der Möglichkeit, dass die Komponente überhaupt keinen Effekt hat.

  • Im Ergebnis des Tests wird dann eine Rangfolge zwischen einzelnen Komponenten festgestellt, ungeachtet der Tatsache, dass die Unterschiede oft von vornherein schon minimal gering sind und zudem derart von den Umständen abhängig, dass ein anderer Test an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit, mit einer anderen Anlage, oder mit anderen Testern zu einer ganz anderen Reihenfolge kommen müsste.

  • Was man trotzdem als potenzieller Kunde nicht weiß ist, unter welchen Umständen denn welches Produkt an der eigenen Anlage eine Verbesserung erwarten lässt. Eine sinnvolle Hilfestellung für eine Kaufentscheidung ist so ein Test daher in aller Regel nicht und es stellt sich folglich die Frage, worin der Sinn dann bestehen soll.

Viel sinnvoller wäre es nach meiner Ansicht, wenn beim Test der normalen HiFi-Komponenten auch auf ihre Störimmunität geschaut würde. Beim Test einer Endstufe könnte man z. B. ein Radiosignal ins LS-Kabel einkoppeln und sehen, wie der Verstärker damit fertig wird. Oder ins Netzkabel die Schaltfrequenz eines Schaltnetzteils einkoppeln, und schauen, wie viel man davon im Lautsprechersignal noch findet.

Das Ergebnis wäre wesentlich praxisgerechter: Wenn z. B. ein Verstärker empfindlich auf Einstrahlungen ins LS-Kabel ist, dann wird man den vielleicht eher nicht kaufen wollen, wenn man in der Nähe eines Radiosenders wohnt. Im Endergebnis käme dabei vielleicht sogar heraus, dass die Hersteller der Geräte schon von sich aus stärker auf Immunität erpicht sind. Entsprechend seltener käme es vor, dass man der Immunität mit teurem und zweifelhaftem Zubehör nachhelfen muss.

Und was durchaus ebenfalls herauskommen könnte ist, dass die heutigen Geräte zum Großteil bezüglich Immunität schon ganz gut sind und dass die teuren Zubehörteile oftmals eher fürs gute Gefühl als irgendeiner realen Verbesserung wegen eingesetzt werden.

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